Auftakttagung
des Projektes „Fachspezifische Gender-Fortbildungen für Lehrende der Ingenieurwissenschaften an Hochschulen und Universitäten (GenderFoLI)“ am 29. und 30.11.2018 an der Frankfurt University of Applied Sciences, Gebäude 4, Raum 111/112
Müssen angehende Ingenieurinnen im Studium anders angesprochen werden als ihre Kommilitonen? Wie muss sich ein Studiengang präsentieren, damit er Frauen anspricht? Welche Geschlechterunterschiede müssen beim Bau eines Produktes berücksichtigt werden? Und was bedeutet es für die Sicherheit eines Produktes, wenn im Test nur mit Normgrößen eines Mannes gearbeitet wurde?
Mit diesen und anderen Fragen befasste sich die Auftakttagung des vom BMBF geförderten Projektes „Fachspezifische Gender-Fortbildungen für Lehrende der Ingenieurwissenschaften an Hochschulen und Universitäten (GenderFoLI)“ (FKZ 01FP1724) am 29. und 30.11.2018 an der Frankfurt University of Applied Sciences.
Die Tagung beinhaltete eine Kombination von Fachvorträgen und dem Einholen von Peer Reviews:
- Einerseits gab es Fachvorträge zu grundlegenden Themen aus dem Bereich Gender in der Lehre sowie Präsentationen bisher entwickelter und umgesetzter Hilfsinstrumente für die Lehre oder Lehr- und Beratungsformate aus dem MINT-Bereich (besonders in den Ingenieurwissenschaften/Bachelor und Master of Engineering), die sich das Thema Chancengleichheit zum Ziel gesetzt haben.
- Andererseits wurden die im Rahmen des geförderten Projekts „GenderFoLI“ geplanten Workshops zur Fortbildung von Lehrenden der Ingenieurwissenschaften vorgestellt und mithilfe der Methode des World Cafés mit den teilnehmenden Expert*innen im Sinne eines Peer Reviews diskutiert.
Posterpräsentationen:
Teilnehmende der Tagung präsentierten Poster zu ihren Arbeitsbereichen und/oder konkreten Projekten im gesamten Bereich „Gender und MINT“.
Kontakt:
Gender- und Frauenforschungszentrum der Hessischen Hochschulen (gFFZ), Dr. Elke Schüller (schueller.e@gffz.de) und Janina Hirth (hirth.j@gffz.de).
Tagungsprogramm
29.11.2018
ab 14:00 | Ankommen und Anmeldung |
15:00–15:30 | Eröffnung der Tagung Dr. Margit Göttert, Geschäftsführerin des Gender- und Frauenforschungszentrums der Hessischen Hochschulen (gFFZ) und Leiterin des Projekts „Fachspezifische Fortbildungen für Lehrende der Ingenieurwissenschaften an Hochschulen und Universitäten (GenderFoLI)“ Grußwort Prof. Dr. Kira Kastell, Vizepräsidentin für Studium und Lehre der Frankfurt University of Applied Sciences und Vorsitzende des „Netzwerks Frauen im Ingenieurberuf“ des VDI – Verein Deutscher Ingenieure |
15:30–16:15 | Eröffnungsvortrag Prof. Dr. Petra Lucht/Dr. Bärbel Mauß, Zentrum für Interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung (ZIFG), TU Berlin: Mit Gender-Lehre zum NEU START der Ingenieurwissenschafften. Moderation: Dr. Margit Göttert, gFFZ |
16:15–16:45 | Kaffeepause |
16:45–18:45 | Grundlagen und Instrumente für eine gendergerechte Lehre in den Ingenieurwissenschaften Dr. Inka Greusing, Zentrum für Interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung (ZIFG), TU Berlin: Heteronormativität und männliche Herrschaft in den Ingenieurwissenschaften Jeremia Herrmann, M.A., Koordinations- und Forschungsstelle des Netzwerks Frauen- und Geschlechterforschung NRW, Universität Duisburg-Essen: Gender Curricula für Bachelor und Master Dr. Elke Schüller, Gender- und Frauenforschungszentrums der Hessischen Hochschulen (gFFZ): Die gFFZ-Toolbox „Gender und Diversity in der Lehre der MINT-Fächer“ Moderation: Dr. Eva-Maria Krampe, Frankfurt University of Applied Sciences |
19:00 | Gemeinsamer Abendimbiss |
30.11.2018
ab 8:30 | Ankommen |
9:00–11:00 | Präsentation bisher entwickelter und umgesetzter gendergerechter Lehr- und Beratungsformate in den Ingenieurwissenschaften Prof. Dr. Helene Götschel, Maria-Goeppert-Mayer-Professur für Gender Studies in den Ingenieurwissenschaften und der Informatik, Hochschule Hannover: Grundlagen der Ingenieurwissenschaften gender- und diversityreflektiert lehren Prof. Dr. Claude Draude, Fachgebiet „Gender/Diversity in Informatiksystemen“ (GeDIS), Universität Kassel: Gender Studies in MINT – Beispiele und Vorgehensweisen aus dem Maschinenbau und der Informatik Dr. Waltraud Ernst, Institut für Frauen- und Geschlechterforschung, Johannes Kepler Universität Linz: Das Linzer Modell: Gender Studies als Pflichtfach im ingenieurwissenschaftlichen Studium Moderation: Dr. Marion Kamphans, Universität Hildesheim |
11:00–11:30 | Kaffeepause |
11:30–12:30 | Vortrag Katharina Pöllmann-Heller, Verbundprojekt „MINT-Strategien 4.0“ an der OTH Regensburg und der Hochschule München: Does Gender matter? – Über Sinnhaftigkeit und Ansätze der MINT-Frauenförderung Moderation: Barbara Umrath, TH Köln |
12:30–13:30 | Mittagspause |
13:30–14:00 | Vorstellung Konzeption GenderFoLI – Fachspezifische Fortbildungen für Lehrende der Ingenieurwissenschaften an Hochschulen und Universitäten Janina Hirth/Dr. Elke Schüller, gFFZ, Mitarbeiterinnen im Projekt GenderFoLI |
14:00– 15:00 | World Café Mehrere Tische mit je einer moderierenden Person zu Themenschwerpunkten der im Projekt GenderFoLI erarbeiteten Workshop-Konzepte zur Fortbildung von Lehrenden der Ingenieurwissenschaften Moderationen: Lena Loge, Hochschule Darmstadt; Prof. Dr. Clarissa Rudolph, OTH Regensburg; Dr. habil. Sigrid Schmitz, HU Berlin; Dr. Kira Stein, deutscher ingenieurinnenbund (dib e.v. ) |
15:00–15:30 | Kaffeepause |
15:30–16:15 | Ergebnissicherung des World Cafés Moderation: Janina Hirth/Dr. Elke Schüller, gFFZ, Mitarbeiterinnen im Projekt GenderFoLI |
16:15 –17:00 | Abschlussvortrag Prof. Dr. Tanja Paulitz, TU Darmstadt: Fachkulturen der Technikwissenschaften und Geschlecht: Einblick in aktuelle Forschungserträge Moderation: Prof. Dr. Yvonne Haffner, Hochschule Darmstadt |
17:00 | Ende der Tagung |
Dokumentation
Hier finden Sie nun die Dokumentation zur Tagung „Gender in die Lehre der Ingenieurwissenschaften!“. Wir haben hierbei den Fokus darauf gesetzt, die Materialien der Vortragenden in kurzen Abstracts zusammen zu fassen und Ihnen als Download zur Verfügung zu stellen. Wir hoffen, Ihnen hiermit einen Eindruck von der angenehmen Atmosphäre der Tagung vermitteln zu können und möchten uns zudem ganz herzlich bei allen bedanken, die an der Tagung mitgewirkt und daran teilgenommen haben.
29.11.2018
Begrüßung
Dr. Margit Göttert, Geschäftsführerin des Gender- und Frauenforschungszentrums der Hessischen Hochschulen (gFFZ) und Leiterin des Projekts „Fachspezifische Fortbildungen für Lehrende der Ingenieurwissenschaften an Hochschulen und Universitäten (GenderFoLI)“
Dr. Margit Göttert begrüßt die Tagungsteilnehmenden und erzählt in ihrem einleitenden Vortrag von der Gründunggeschichte des „Gender- und Frauenforschungszentrums der hessischen Hochschulen“, von der Ideenfindung und ursprünglichen Motivation für das Projekt GenderFoLI sowie von den fachkulturellen Unterschieden zwischen den kritisch-reflexiven Gender Studies und den lösungsorientierten Ingenieurwissenschaften.
Grundlagen und Instrumente für eine gendergerechte Lehre in den Ingenieurwissenschaften
Dr. Inka Greusing, Zentrum für Interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung (ZIFG), TU Berlin: Heteronormativität und männliche Herrschaft in den Ingenieurwissenschaften
In diesem Vortrag stellt Dr. Inka Greusing ihr Dissertationsthema vor und erläutert, weshalb die Ingenieurwissenschaften in Deutschland sich als Männerdomäne halten, obwohl es seit Jahren Bemühungen gibt, das Geschlechterverhältnis in diesen Bereichen auszugleichen. Den Link zur vollständigen Publikation finden Sie hier.
Jeremia Herrmann, M.A., Koordinations- und Forschungsstelle des Netzwerks Frauen- und Geschlechterforschung NRW, Universität Duisburg-Essen: Gender Curricula für Bachelor und Master
Die Datenbank www.gender-curricula.com des Netzwerks Frauen- und Geschlechterforschung informiert über die geschlechtergerechte Ausgestaltung von Lehrinhalten für 56 Studienfächer und wird regelmäßig aktualisiert und ergänzt. In diesem Vortrag werden die verschiedenen Angebote der Gender Curricula vorgestellt, die sowohl fächerübergreifend als auch fachspezifisch multiple Ansätze für die Implementierung von Gender-Inhalten in der Lehre vorschlagen.
Power-Point Präsentation (PDF)Dr. Elke Schüller, Gender- und Frauenforschungszentrums der Hessischen Hochschulen (gFFZ): Die gFFZ-Toolbox „Gender und Diversity in der Lehre der MINT-Fächer“
Die in diesem Vortrag vorgestellte Gender-Toolbox wendet sich an die Lehrenden der MINT-Fächer und zeigt praktikable wie ressourcenschonende Möglichkeiten und Beispiele auf, wie die Lehre gender- und diversitybewusster gestaltet werden kann. Mehr Infos finden Sie unter http://www.gffz.de/gender-in-die-lehre-der-mint-faecher/willkommen/.
30.11.2018
Präsentation bisher entwickelter und umgesetzter gendergerechter Lehr- und Beratungsformate in den Ingenieurwissenschaften
Prof. Dr. Helene Götschel, Maria-Goeppert-Mayer-Professur für Gender Studies in den Ingenieurwissenschaften und der Informatik, Hochschule Hannover: Grundlagen der Ingenieurwissenschaften gender- und diversityreflektiert lehren
Wie kann Physik gender- und diversityinformiert gelehrt werden, wenn der Unterrichtsstoff selbst kaum Ansatzpunkte bietet, Ergebnisse der Gender und Diversity Studies einfließen zu lassen oder vergeschlechtlichte Fachinhalte und Unterrichtsmaterialien zu thematisieren? Und wie lassen sich gleichzeitig mit der Vermittlung physikalischer Grundlagen Kompetenzen über das Hinterfragen von Repräsentationen und Normen vermitteln? Hiermit beschäftigt sich dieser Vortrag und führt gleichzeitig konkrete Beispiele vor, in denen Gender-Kompetenz produktiv in die Lehre eingebracht wird.
Dr. Waltraud Ernst, Institut für Frauen- und Geschlechterforschung, Johannes Kepler Universität Linz: Das Linzer Modell:
Gender Studies als Pflichtfach im ingenieurwissenschaftlichen Studium
An der Johannes Kepler Universität (JKU) Linz ist es gelungen, Gender Studies auch in den Ingenieurwissenschaften zu institutionalisieren. Pro Semester absolvieren 200 – 300 Studierende aus Bachelor-, Master- und Doktoratsstudiengängen der Technisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät (TNF) erfolgreich Lehrveranstaltungen in Gender Studies. Die Vermittlung eines kritisch reflektierten Wissens über Geschlecht in den Ingenieurwissenschaften an Studierende der Ingenieurwissenschaften stellt aus verschiedenen Gründen eine Herausforderung dar. In diesem Vortrag werden diese Herausforderungen weiter beleuchtet und Erfahrungen zur Implementierung von Gender-Inhalten in den Ingenieurwissenschaften vorgebracht.
Katharina Pöllmann-Heller, Verbundprojekt „MINT-Strategien 4.0“ an der OTH Regensburg und der Hochschule München:
Does Gender matter? – Über Sinnhaftigkeit und Ansätze der MINT-Frauenförderung
Schon seit einiger Zeit gibt es eine Reihe von Projekten und Maßnahmen, die die Wahl von MINT-Studiengängen und -berufen bei Schülerinnen bzw. den Studienprozess bei Studentinnen unterstützen sollen. Diese Projekte stellen den Ausgangspunkt des vorgestellten Forschungsvorhabens dar, in dem danach gefragt wird, welche Perspektiven und Konzepte hilfreich sein können, das Ziel der MINT-Projekte – eine Erhöhung des Frauenanteils in MINT-Studiengängen und -berufen – zu erreichen.
Prof. Dr. Claude Draude, Fachgebiet „Gender/Diversity in Informatiksystemen“ (GeDIS), Universität Kassel:
Gender Studies in MINT – Beispiele und Vorgehensweisen aus dem Maschinenbau und der Informatik
Die Handreichung „Gendering MINT – Gender-Perspektiven in den Natur und Technikwissenschaften“ enthält den Artikel „Gender Studies in MINT Unterrichten – Hochschuldidaktische Ansätze“ von Marion Mangelsdorf und Prof. Claude Draude. Die Handreichung plädiert dafür, Strategien für einen respektvollen Dialog „auf Augenhöhe“ zwischen MINT und Gender Studies zu entwickeln und führt gelungene Beispiele hierfür anhand vier verschiedener Hochschulstandorte vor. Die Handreichung finden Sie hier.
Im „Gender Extended Research and Development“ (GERD)-Modell werden Gender Studies Ansätze und Informatik-Denkweisen verbunden. Das Modell zeigt systematisch Ansatzpunkte für die Einbeziehung von Gender- und Diversity-Aspekten in die Informatikforschung und -entwicklung und regt dazu an, die gesellschaftliche Einbettung der eigenen Forschung differenziert zu reflektieren. Hier geht es weiter zum (GERD)-Modell.
Abschluss
Prof. Dr. Tanja Paulitz, TU Darmstadt: Fachkulturen der Technikwissenschaften und Geschlecht: Einblick in aktuelle Forschungserträge
Analog zu dem Thema ihres Vortrags beschreibt Prof. Dr. Tanja Paulitz in ihrem Artikel „‚Hegemoniale Männlichkeiten‘ als narrative Distinktionspraxis im Wissenschaftsspiel“ aus wissenssoziologischer Perspektive, wie über historische Erzählungen der Technikwissenschaften performative Praktiken der Abgrenzung im wissenschaftlichen Betrieb entstehen, die als Herstellung von Männlichkeit begriffen werden können. Die sozialen Implikationen dieser Praktiken sind dabei ein Schlüsselkriterium, um die Fachkulturen der Technikwissenschaften im Hinblick auf ihr Geschlechterverhältnis analysieren zu können.
Bildergalerie
© Benedikt Bieber
© Friederike Mannig